Upcycling im Unternehmen

Neue Lösungen aus Produktions- und Lagerüberschüssen

Upcycling ist nicht gleich Upcycling. Claudia Allonas, Gründerin der Firma upstream aus Wetzlar, erklärt die Möglichkeiten für Unternehmen, aus Produktions- oder Lagerüberschüssen neue Lösungen zu generieren – fernab von einer Verbrennung zur Energiegewinnung.

Beim Begriff Upcycling denken viele automatisch an alte Jeans, die zu Taschen umgenäht oder an alte Handtücher, die zu Teppichen geknüpft werden. Oder auch ausgediente Reifen, die zu Schaukeln oder Sandkästen umfunktioniert werden. Innovatives und kreatives Denken als auch handwerkliches Geschick sind dafür erforderlich. Wer es nicht selbst kann, lässt es machen.

Wir bei upstream beschäftigen uns damit, wie Upcycling auch auf Unternehmen übertragbar ist. Das ist möglich und notwendig.

Wenig Sekundärrohstoffe und kaum echte Kreislaufwirtschaft

Trotz der sehr hohen Recyclingrate von bis zu 80 % werden aktuell für die Produktion neuer Ware fast ausschließlich neue ressourcenintensive Rohstoffe verwendet. Laut dem "Sustainability Report" von BCG kamen bis vor kurzem nur 10 Prozent der eingesetzten Materialien in der Produktion aus Sekundärrohstoffen. Das bedeutet, dass die Industrie bislang in einem sehr geringen Umfang wirkliche Kreislaufwirtschaft betreibt. Das wird vom jährlichen Circularity Gap Report 2021 der Circle Economy -Initiative bestätigt. Sie berechnet, dass die Weltwirtschaft nur 8,6% zirkulär handelt. 

Wo fällt Abfall an? Neben der Transport- und Produktverpackung, werden in der Produktion viele neue Werkstoffe verwendet und der Ausschuss (Metallspäne, Garne, Stoffreste, beschmutzter Sand…) wird als Abfall deklariert. Weisen Produkte Fehler auf oder lassen sie sich aus unterschiedlichen Gründen nicht verkaufen, werden sie oft dem Wertstoffunternehmer übergeben. Es ist sehr schwer, verlässliche Zahlen zu erhalten. Aus der Abfallbilanz des Statistischen Bundesamtes sind die Kennzahlen zu diesem Thema nicht offensichtlich.


Beim Upcycling werden die Produkte derart verändert, dass sie aufgewertet sind. Durch die Aufwertung entsteht ein wertschöpfender Prozess.

Claudia Allonas Gründering von upstream

 
In den meisten Fällen wissen die Unternehmen gar nicht, was mit den Produkten und Materialien passiert. Mit der Entsorgung wird die Verantwortung für die Wertstoffe weitergegeben. Deswegen wurde im Herbst 2020 das Gesetz zur Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetztes in Kraft gesetzt. Unternehmen sollten in Zukunft prüfen, ob das zu verschrottende Produkt gespendet oder reduziert verkauft werden kann. Upcycling zur Wiederverwendung ist nicht ausgeschlossen. Auch Einkaufsabteilungen sollten darauf achten, recycelte Ware zu kaufen. Kritisch zu sehen ist die Kontrolle dieser Maßnahmen. 
  

Upcycling versus Recycling

Recycling wird oft als Überbegriff zum Down- und Upcycling verwendet. Im klassischen Recycling müssen Produkte (chemisch) auseinandergenommen werden. Um gleichwertige Produkte zu erhalten, müssen wieder neue Stoffe hinzu geführt werden. Je öfter ein Recyclingprozess durchgeführt wird, desto schlechter wird die Qualität des Endproduktes bzw. desto mehr neue Stoffe müssen hinzu geführt werden. Deswegen spricht man auch in dem Zusammenhang von Downcycling.

Beim Upcycling werden die Produkte derart verändert, dass sie aufgewertet sind. Durch die Aufwertung entsteht ein wertschöpfender Prozess.

Varianten von Upcycling

1. Das innovative Upcycling

Wenn das Unternehmen den Prozess von Design und Entwicklung, Produktion und Vertrieb, selbst in die Hand nimmt, bleiben die Stoffe und Materialien im unternehmensinternen Wirtschaftskreislauf. Vorteil dieses Vorgehens ist, dass das Unternehmen, statt Abfall zu zahlen, einen Ertrag erzielen kann. Außerdem wird der Energie-, Ressourcen- und Transportaufwand gegenüber der Herstellung eines neuen Produktes minimiert. Dies wirkt sich positiv auf die CO2-Bilanz aus.

Hermès mit seinem Label PetitH ist Pioneer in diesem Bereich. Lederreststoffe und Seidentextilien werden zu Taschananhängern, Taschen, Lampen, Skulpturen und Möbelverkleidungen verarbeitet. Bei Timberland werden regelmäßig neue Schuhe aus aufbereitetem Leder, wiederverwendetem Polyester für Futter, recycelten Reifengummi für die Sohle hergestellt. 

In der Industrie können bestimmte Plastikarten nicht recycelt werden. Diese können aber zum Beispiel als Zusatz zum Straßenbau eingesetzt werden (ecopals) oder Schaumstoff kann in Yogamatten eingearbeitet werden.

Vorteil ist, dass das Unternehmen die Umsätze behalten kann und gleichzeitig bemerkenswerte nachhaltige Ziele erreichen kann. Ähnliche Konzepte verfolgen VaudeBionade und Lemonaid. Die Sporthersteller wie Puma und Adidas versuchen sich auch regelmäßig im Re- und Upcycling. Auch Autohersteller wie Hyundai verfolgen diesen Ansatz.

2. Das Upcycling mit Rücknahmekonzept

Hier geht es darum, dass Produkte von den Konsumenten wieder zurückgenommen werden und das Unternehmen sich um die Weiterverarbeitung der Ware kümmert. So handhabt es die jufico GmbH, die die Quetschies der Marke fruchtbar herstellt. Die Kunden können die leeren Quetschies zurückschicken und bekommen daraus kostenlos eine Tasche genäht. Ein anderes Konzept liefert Nike, das aus den Sohlen ausgedienter Schuhe der Kunden Sportplatzbeläge herstellt: Nike Grind. Caterpillar hat für die Industrie ein einmaliges und bemerkenswertes Konzept umgesetzt. Mit CatReman® werden Produktionsteile wieder zurückgenommen, aufbereitet und wieder in neue Fahrzeuge eingesetzt. Ein wiederhergestelltes Produkt bei der Fertigung verbraucht laut Aussage des Unternehmens 85% weniger Energie als ein neues. 

3. Upcycling in Kooperation mit Bildungsträgern

Ein weiterer Ansatz ist es, Materialien an eigene Ausbildungsstätten oder an kooperierende Hochschulen weiterzugegeben. Für dieses Modell hat sich das französische Handelsunternehmen La Redoute entschieden, aber auch Vaude und der österreichische Schmuckhersteller Swarovski. Der Nutzen dieses Ansatzes ist es, dass Schüler und Studenten Materialien haben, um sich ‚auszutoben‘. Sonst müssen die Ausbildungsstätten hierfür neue Materialien einkaufen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Unternehmen damit den Nachwuchs für die eigene Produktion ausbilden. Automatisch wird auch der Nachhaltigkeitsaspekt geschult.

Wenn Sie Fragen oder Anregungen zum Thema Upcycling oder generell zum Thema Nachhaltigkeit haben, nehmen Sie gerne mit uns Kontakt auf!